ERFOLGREICHE WIEDERBELEBUNG DER OSCAR STRAUS-OPERETTE „DER LETZTE WALZER“
Waltraut Hass bei einer Serie von szenischen Aufführungen mit dem Klassischen Operettenensemble Wien
Die Miteinbeziehung von beliebten Schauspielerinnen und Schauspielern in Operettenaufführungen hat in Wien seit Existenz dieses Genres große Tradition. Das komödiantische Element, das diese einbringen, bildet seit je her neben ansprechenden sängerischen Leistungen und kompositorischer Qualität die Basis für einen Erfolg. Will man einst erfolgreiche und zu Unrecht vergessene Operetten neu beleben, dann kommt Publikumslieblingen aus dem Schauspielbereich heutzutage eine größere Bedeutung denn je zu: Sie locken auch jenen Teil des Publikums ins Theater, der in der Regel nur bekannte Stücke zu besuchen pflegt.
Diesem Umstand Rechnung tragend, gelang es der Johann Strauss Gesellschaft Wien für ihre Neuproduktion der einstmals ungemein erfolgreichen Operette „Der letzte Walzer“ von Oscar Straus gleich drei prominente Schauspielgrößen zu gewinnen, allen voran Waltraut Haas. Seit sie mit nur 20 Jahren in dem Film „Hofrat Geiger“ sich mit der Rolle des Mariandls in die Herzen des Publikums gespielt hatte und ein paar Jahre später an der Seite von Peter Alexander mit ihrer Darstellung des Wirtin in der Verfilmung der Operette „Im Weißen Rössel“ von Ralph Benatzky zu einem über die Grenzen Österreichs hinaus beliebten Filmstar geworden war, erwies sie sich bei all ihren darauffolgenden Auftritten als Publikumsmagnet. Da sie seit vielen Jahren die Arbeit der Johann Strauss-Gesellschaft Wien sehr schätzte und dieselbe immer wieder gerne durch ihre Mitwirkung bei deren Veranstaltung unterstützte, sagte sie spontan zu, als Präsident Peter Widholz sie 2012 bat, nunmehr auch erstmals bei einer szenischen Produktion der Gesellschaft mitzuwirken. So übernahm Waltraut Haas in der im zaristischen Russland angesiedelten Operette die komische Rolle der Generalswitwe Anastasia Alexandrowna, die sich die ganze Handlung über verzweifelt bemüht, ihre fünf heiratsfähigen Töchter mit wohlhabenden Männern zu verehelichen.

Zusätzlich zu diesem Schauspielstar gelang es Peter Widholz, zwei weitere durch Bühne und Fernsehen bestens bekannte Darsteller für die Aufführungsserie des „letzten Walzers“ zu gewinnen. Der über drei Jahrzehnte dem Ensemble des Wiener Burgtheaters angehörige Bruno Thost übernahm die Rolle des Großfürsten Pawlow, der eine der Töchter Alexandrownas sexuell belästigt und jenen Offizier, der der Dame zu Hilfe eilt, daraufhin zum Tode verurteilen lässt. Damit gab Thost sein Debüt im Klassischen Operettenensemble Wien, das diese Produktion auf die Bühne brachte, und setzte damit die Reihe jener Burgtheaterschauspieler, die seit 1937 im Rahmen von Aufführungen der Wiener Strauss-Gesellschaft aufgetreten waren, erfolgreich weiter. Nicht zum ersten Mal hingegen wirkte bei einer szenischen Operettenproduktion der Stauss-Gesellschaft der Dritte im Bunde der für diese Oscar Straus-Rarität engagierten Schauspielprominenz mit: Josef Pechhacker. Der in erster Linie durch seine Auftritte am Wiener Volkstheater sowie am Raimundtheater bekannt gewordenen Darsteller erfreute sich durch seine über anderthalb Jahrzehnte währende Mitwirkung bei der vom ORF produzierten Kinderserie „Tom Turbo“ in der Rolle des Dr. Gruselglatz vor allem bei jungem Publikum eines besonders hohen Bekanntheitsgrades. Er verkörperte nun in der Oscar Straus-Operette die Rolle des ältlichen Generals Gorzakow, der auf Wunsch Alexandrownas ihre älteste Tochter, Vera Lisaweta, heiraten soll.
Die Rolle der Vera Lisaweta, die bei der Berliner Uraufführung 1920 von der legendäre Fritzi Massary verkörpert worden war, wurde Cornelia Hübsch anvertraut, ihren Tenorpartner, den heldenhaften Graf Sarrasow, der hingerichtet werden soll, gab Peter Widholz, der auch für die Bearbeitung der Dialoge sowie die Regie verantwortlich zeichnete.

In den Rollen des Buffopaares waren Barabara Spitzer als Babuschka, die jüngste Tochter Alexandrownas, sowie Stefan Reichmann als Baron Ippolith zu erleben; bei der letzten Aufführung übernahm Martin Rysanek dessen Partie.

Die Produktion des „letzten Walzers“ durch die Johann Strauss-Gesellschaft Wien feierte am 24. April 2013 ihre erfolgreiche Premiere in Wien und ging dann – wie bereits etliche andere ihrer Operettenproduktionen zuvor – auf Bundesländertournee. Höhepunkt und Abschluss der Aufführungsserie bildete die Vorstellung am 22. November 2013 im Stadttheater Wiener Neustadt. Nach den beiden so erfolgreichen Einsätzen des Orchesters der Gardemusik Wien im November des Vorjahres bei der Oscar Straus-Operette „Der tapfere Soldat“ (siehe den Beitrag in dieser Rubrik zu 2012) bzw. im März 2013 bei der Johann Strauss-Operettenrarität „Waldmeister“ (vgl. dazu den Beitrag in dieser Rubrik zu 2011) wurde der Klangkörper nun für eine Mitwirkung auch bei dieser Operettenproduktion verpflichtet; und wieder stand der österreichische Heeresmusikchef und Gardekapellmeister, Oberst Bernhard Heher, am Dirigentenpult, um eine authentische Wiedergabe der von Oscar Straus melodisch wie rhythmisch höchst kontrastreich gestalteten Partitur zu gewährleisten. Abgerundet wurde das Ensemble durch Angehörige des BORG Wien 1, Hegelgasse 12, die als Ballett bzw. für kleinere Nebenrollen Einsatz fanden. Damit hatte die Strauss-Gesellschaft neben arrivierten Schauspielgrößen einmal mehr auch viel Jugend in die Produktion eingebunden – auf der Bühne wie im Orchestergraben. Für das Bühnenbild zeichnete neuerlich der Nachwuchskünstler Winston Wagner verantwortlich, die Kostüme stammten in bewährter Weise von Ingrid Nowotny.

Den große Erfolg dieser Produktion spiegelt sich sehr schön ein Brief wider, den die Enkelin des Komponisten, Inge Prebil-Straus, wenige Tage nach der letzten Vorstellung an Peter Widholz richtete:
2.XII. 2013
An den
Produktionsleiter u. Präsidenten
der Johann Strauss-Gesellschaft Wien
Prof. Mag. Peter Widholz
Der Vorhang ging hinunter, es wurde hell, die Türen zu den
Garderoben geöffnet – es zog – . Aber das Publikum blieb
sitzen, applaudierte und jubelte. Die Darsteller kamen –
glaub ich – 10 x vor den Vorhang; und das bei einer Neubearbeitung
der Operette „Der letzte Walzer“ meines Großvaters Oscar Straus, die
ich mit meiner Familie und Freunden am 22. 11. im Stadt-
theater Wiener Neustadt besuchte.
Nun möchte ich mich bei Ihnen lb. [ = lieber] Prof. Widholz sehr bedanken
für die viele Arbeit, die Auswahl der besten Darsteller und Sänger
des Klassischen Operettenensembles Wien. Ich kann sie nicht alle
aufzählen, aber bei der verehrten Frau Waltraut Haas geriet die
Bühne fast ins Wanken. Bedanken natürlich auch beim Kammer-
Orchester der Gardemusik Wien (Oberst Mag. Bernhard Heher), von dem
Schülerballett Borg 1 gar nicht zu reden.
Bedanken auch für die vielen wieder ins Leben gerufenen Operetten,
(lieber Bumerli im Tapferen Soldat. [Mit „Bumerli“ spielt Inge Prebil-Straus auf die von Peter Widholz verkörperte männliche Hauptrolle in der Oscar Straus-Operette „Der tapfere Soldat“ an, die die Strauss-Gesellschaft 2008 in einer Neuproduktion herausgebracht hatte; vgl. dazu in dieser Rubrik den Beitrag zu 2012!]
„Der letzte Walzer“ wird doch nicht der „Letzte“ sein wünscht sich
die Enkelin Inge Prebil-Straus
